Dienstag, 19. November 2013

Poetik

Schreiben soll man nur das, was in einem brodelt bis es herausbricht. Das ist zumindest meine brennende Überzeugung. Ich soll nun aber einen Text über ein Gartenhaus schreiben, was nicht die erste Schreibaufgabe ist, die mich verzweifeln lässt, ein Referat über Marlene Dumas vorbereiten und davon unabhängig muss ich darauf achten, irgendwann und irgendwo als Autorin wahrgenommen zu werden und bin mir noch immer nicht sicher, ob ich das überhaupt möchte. Das Schreiben war für mich immer eine Art Notbehelf und niemals derart im Fokus als Selbstzweck. Mein Leben hat das Schreiben bedingt und nicht das Schreiben mein Leben. Ich beschäftige mich mit Nietzsche und Kant, mit Adorno und anderen Philosophen, lese Texte von Kleist und Tschechow und soll nebenbei noch einen Überblick darüber behalten, oder ihn überhaupt erstmal bekommen, was gerade aktuell an zeitgenössischer Literatur auf dem Markt vorhanden ist oder im sogenannten Untergrund geschrieben wird. Im Untergrund möchte aber niemand bleiben, deshalb gibt es publikumsorientierte Marktliteratur, nach denen sich im Zweifelsfall auch die freiesten Geister richten, wenn es darum geht, wahrgenommen zu werden. Auch ich verfalle dem Erfolgsdruck, verliere aus den Augen, was mir eigentlich wichtig ist: Die leise Sensibilität einer bildhaften Lyrik, die möglicherweise gerade ganz knapp am Kitsch vorbeischrammt, aber dennoch. Das Spiel mit Worten, das Neuschöpfen. Ich hätte zudem nie gedacht, dass sich Schreibende so sehr in sich zurückziehen und unglücklich weden, weil ihre Texte bei Wettbewerben nicht preisgekrönt werden, weil sich kein Verlag nach ihnen reißt, etc. Ich glaubte immer, dass das Schreiben eine Art von Kommunikation sei, etwas, das geteilt und verschenkt werden möchte und nicht etwas, das auf einen Profit abzielt und gewissermaßen kann es gar keine Naivität mehr sein, wenn ich dennoch an diesem Glauben festhalte. Ich glaubte immer, durch das Schreiben sei man weniger allein und fände außerdem eine Möglichkeit, aus sich selbst herauszutreten, sich der körperlichen Präsenz entledigen zu können. Nun soll man aber vor allem eine Körper haben (und eine auffallende Persönlichkeit bestenfalls auch), ein publikumswirksames Auftreten, soll sich präsentieren können, um sich verkaufen zu können. Das alles widerstrebt mir dermaßen und dennoch merke ich, dass ich geradezu in den Automatismus dieses Triebwerks hineingezogen werde und da mitmache oder mitgemacht werde, weil ich nicht weiß, was ich sonst tun könnte. Warum kann ich nicht einfach sagen: Nein? Die Antwort ist ganz einfach: Ich habe Angst vor dem Einsamsein, davor, niemals wahrgenommen zu werden, für immer ins Leere zu sprechen, falls es mir überhaupt jemals gelingen sollte, zu sprechen.

Was war ich früher voll von Poesie und wie verzweifelt suche ich sie nun. Denn für mich beginnt Poesie nicht mit den Worten und einer technischen Akrobatik, mit der man diese behandelt. Sie beginnt als Gefühl. Oder um es anders zu sagen: Poesie funktioniert für mich nun mal nicht, und zwar kein bisschen, als werbetauglicher und gesellschaftsimmanenter Slogan, zu welchem sie jedoch oft verarbeitet wird.

Zitat

Wohin du auch gehst, geh mit deinem ganzen Herzen.

Was aber tun, wenn das Herz nicht mehr ganz ist?

18.11.2013, in der Nacht

Ich gehe in Oberflächlichkeit unter.

Einleitung

Der Schlaf verweigert sich mir, aber das Formulieren von Sätzen, seien sie gesprochen oder geschrieben, ist anstrengend. Es ist nicht das Bedürfnis, ein Tage- oder ein Nachtbuch zu schreiben, das mich den Computer doch wieder einschalten lässt. Es ist auch nicht das Bedürfnis, sich mitzuteilen oder gelesen zu werden. Vielleicht ist es der Wunsch, aus zu vielen unverarbeiteten Eindrücken eine Essenz zu ziehen, die sinnvoll ist oder sich nicht weiter zu verflüchtigen. Ganz sicher ist es ein spürbarer Mangel, der mich in die Stille des zurückgezogenen Schreibens treibt. Ein Mangel, den ich auch unter Mitmenschen spüre, so wundervoll diese auch sind. Doch ich möchte nicht unkonkret bleiben. Schlussendlich können sich Gedanken nur an der Realität messen. Ich scheute mich nicht, dieses zu sagen: Am glücklichsten machen mich glückliche Begegnungen mit Menschen. Doch diese Begegnungen haben keine Dauer und da mich Verluste schmerzen als seien sie der Verlust von etwas Eigenem und da dieser Schmerz nicht erst in den letzten Wochen eine Dimension angenommen hat, die das, was ich tragen und im Herzen fassen kann, übersteigt, muss ich damit beginnen, die Geschichten und Anekdoten niederzuschreiben, die mich, beziehungsweise den Schmerz, den ich fühle, ausmachen.

Sollten sich hierbei wohlgesinnte Begleiter finden, möge mir das Recht sein und vielleicht sogar ein Austausch stattfinden über das Sein, das allen Wesen gemeinsam ist, so unterschiedlich auch gestaltet und wahrgenommen, dass man sich dennoch fremd erscheint.

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