Leben

Montag, 30. April 2018

Neuanfang-nichts ist mehr wie zuvor

"Vermeidungs- oder Ablenkverhalten ist keine dauerhafte aber vorübergehende Lösung
Situationen, die in einer für den Betroffenen gewissen Art und Weise an das Trauma erinnern oder in dessen Gedanken zu einer erneuten Traumatisierung führen können, werden vermieden. Auch dieses Verhalten gehört, direkt im Anschluss an das Erlebte, zu den durchaus richtigen Verhaltensmustern. Denn in dieser Phase ist die Psyche noch nicht in der Phase der Verarbeitung angelangt, sondern befindet sich noch im Trauma selber. Das Vermeiden ist somit der Versuch sich selbst zu schützen und die Angst zu kontrollieren. Setzt man die Betroffenen dann durch „so schlimm ist es doch nicht“, „stell Dich nicht so an“ oder ähnliche Ratschläge unter Druck, bewirkt man lediglich, dass diese sich nicht ernst genommen und akzeptiert fühlen."


Ich habe das in einem Artikel über Traumatisierung und Folgen gelesen. Ich habe die Zeit (die letzten 2-3 Jahre) seitdem in ständiger Anspannung gelebt, in ständiger Angst und Vermeidung von Orten und Menschen, die auch nur annähernd erinnern oder schlimmer noch, mich in die Gefahr einer Begegnung bringen könnten. Es waren 2-3 Jahre der VERMEIDUNG von Leben. Ich habe ein neues Leben angefangen, das alte Umfeld gemieden, ständig mit dem Wissen, der Mensch, der mir das angetan hat, wird es nie einsehen.
Mich hat aber auch das Unverständnis und die Ignoranz meines Umfelds irritiert. Dass die Leute sogar mit ihm mehr Mitleid hatten oder ausschließlich mit ihm, weil er "Liebeskummer" gezeigt hat.
Ich habe mich von meinem Umfeld distanziert. Ich hätte nur eine Person gebraucht, die zu mir gestanden wäre, aber diese Person gab es nicht. Damals habe ich realisiert, dass ich hier nur Bekannte, aber keine Freunde hatte. Stattdessen wurde mir gesagt, nur ICH könne etwas ändern, aber ich konnte eben nichts ändern, ich stand unter Schock, was vielleicht nachvollziehbar ist, wenn man mitten in der Nacht von der Polizei abgeholt und vom Notarzt ans Krankenbett gefesselt im Nachthemd in die Psychiatrie eingeliefert wird. All seine Aktionen waren so weit JENSEITS von allem, was ich für menschlich hielt.
Dieses Ereignis war der krönende Gipfel einer wochenlang anhaltenden quälenden Tortur von Anrufen, Nachrichten auf die Mailbox, Forderungen, Drohungen. Vorgaben, was ich auf Plattformen wie twitter seiner Meinung schreiben dürfe, wie ich mit Menschen interagieren dürfe. Nämlich IHN dürfe ich nicht erwähnen. In keinster Weise.
Das Schreiben ist aber mein Ventil. Er ist für mich nicht wichtiger als das Schreiben. Ich reflektiere über mich, über ihn, über die Welt, über alles. Plötzlich muss ich diese Freiheit aber seinem Diktat unterwerfen. So wie vieles andere auch.
Dennoch: Ich habe mich lange, eigentlich bis zum heutigen Tag, zurückgesehnt nach dem, was einmal war. Einfach nur, weil ich das Gefühl hatte, ein anderer Mensch hat an meiner Stelle entschieden, dass ich das Leben, wie ich es bis dahin gelebt und geliebt hatte, NICHT mehr weiterleben werde. Ich habe es versucht.
Das Schwierige am Neuanfang unter solchen Umständen: 1. Der Neuanfang ist aufgezwungen, man hat es nicht wirklich selbst entschieden. 2. Wenn das Vertrauen einmal so erschüttert wurde (jeder Mensch erleidet mal kleinere Verletzungen des Vertrauens, aber ich wage zu behaupten, dass es bei einem Trauma schlimmer ist), ist man automatisch so sehr in einem SCHUTZ-Modus.
Ich WEIß, dass es so ist und kann es dennoch nicht ändern. Als wäre ein Verhaltensmuster so tief in mir einprogrammiert, dass es irgendwann von selbst läuft.
Keine Therapie hat mir wirklich geholfen. Von den Therapeutinnen erfahre ich MITLEID und BESTÄTIGUNG. Das ist nur teilweise gut, denn es macht mich vielleicht auch selbstgerecht. Ich muss mich schließlich selbst überwinden, schlussendlich mich daran erinnern, dass man nur Angst vor einem anderen Menschen haben muss, wenn man ihm Macht über sich gibt. Und genau das "Spiel" mit der Macht hat er ausgereizt. Seine Demonstration seiner Macht. Er könnte, wenn er wollte. Am Ende wäre ich wegen ihm fast im Otto-Wagner-Spital gelandet. Der Arzt hielt mich aber für normal und sagte nur, ich solle zusehen, dass ich den TYP meide. Ihm wär's wahrscheinlich recht gewesen. Er hätte sich dann wahrscheinlich als einziger, treuer, aufopferungsvoller, liebender MANN um mich, die Verrückte gekümmert. Und ich wäre wahrscheinlich so in meinem Selbstbewusstsein irritiert, dass ich ihm geglaubt hätte. So hat er sich das wohl vorgestellt. Er hat dabei noch die unfassbare Dreistigkeit gehabt, von großer Liebe zu sprechen. Fehlinterpretationen sind definitiv seine Stärke.
Mir wurde oft gesagt, ich solle das doch literarisch verarbeiten. Aber damit würde ich ihm mehr Aufmerksamkeit schenken, als er verdient. Er ist keine Geschichte wert, er ist die schlechte Luft, die langsam abzieht, bis ich irgendwann so viel neue Luft geatmet habe, dass die durch ihn verpesteten Luftteilchen gar nicht mehr wahrnehmbar sind.
Meine große Liebe war er jedenfalls nicht und wenn ich seine war, tut er mir irgendwie sogar leid.

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